Die deutsch-österreichischen Außenhandelsbeziehungen haben im Jahr 2025 erneut einen Dämpfer erhalten: Das bilaterale Handelsvolumen sank zum zweiten Mal in Folge. Um wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückzukehren, braucht es nach Einschätzung der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK) mehr Mut, Tempo und Innovationskraft.
„Deutschland und Österreich müssen gemeinsam mutiger und schneller handeln – um Innovationen voranzutreiben, unsere Standorte zu sichern und den Wohlstand langfristig zu erhalten“
, betonte Hans Dieter Pötsch, Präsident der DHK, Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG und Vorstandsvorsitzender der Porsche SE, bei der DHK Jahrespressekonferenz 2025 in Wien.
Bilaterales Handelsvolumen rückläufig – Verflechtung bleibt eng
Im Jahr 2024 lagen aus deutscher Sicht sowohl die Exporte als auch die Importe um 5,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Das bilaterale Handelsvolumen mit Österreich betrug damit 128,7 Milliarden Euro. Die deutschen Ausfuhren nach Österreich beliefen sich auf 77,2 Milliarden Euro, die Einfuhren auf 51,5 Milliarden Euro.
Trotz des Rückgangs bleibt die wirtschaftliche Verflechtung eng: Österreich ist weiterhin der achtgrößte Exportpartner (zuvor Platz 7) und der neuntwichtigste Importpartner (zuvor ebenfalls Platz 7) Deutschlands. Besonders betroffen vom Rückgang waren Investitionsgüter wie Maschinen und Werkzeugmaschinen sowie chemische Erzeugnisse. Der Automobilhandel zeigte sich hingegen vergleichsweise stabil.
Drei Hebel für die Standortsicherung
Die neuen geopolitischen Realitäten, der Umbau der Energieversorgung und strukturelle Veränderungen am Arbeitsmarkt markieren laut Pötsch eine echte Zeitenwende. Um die wirtschaftliche Stabilität zu sichern, brauche es drei zentrale Maßnahmen: die Senkung der Energie- und Arbeitskosten, den Abbau von Bürokratie sowie gezielte Investitionsanreize.
„Wollen wir die Produktion in unseren Ländern sichern, brauchen wir eine verlässliche Energieversorgung mit berechenbaren Preisen. Gleichzeitig müssen wir produktiver werden – das heißt: Tarifabschlüsse mit Augenmaß und eine Senkung der Lohnnebenkosten“, so Pötsch. Die derzeitige Überregulierung sei innovationsfeindlich und schrecke Investitionen ab. Europa brauche deshalb eine echte Deregulierungsoffensive.
Europa muss wieder zum Technologietreiber werden
Im globalen Innovationswettbewerb dürfe Europa nicht hinter den USA und China zurückfallen. „Wir dürfen nicht nur Konsumenten fremder Technologien sein – wir müssen wieder zu Pionieren werden“, forderte Pötsch. Das erfordere eine bessere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und der öffentlichen Hand, den Ausbau einer funktionierenden Kapitalmarktunion sowie gezielte Investitionen in Forschung, Digitalisierung und Bildung.
Nationale und EU-weite Reformen gefordert
Auch Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), sieht dringenden Reformbedarf: Die vergangenen beiden Jahre seien in Deutschland und Österreich wirtschaftlich „zum Vergessen“ gewesen. Auch 2025 werde voraussichtlich stagnieren und sowohl die wirtschaftliche Lage als auch die Erwartungen für die nächsten Monate würden sich nur sehr langsam verbessern.
„Selbst wenn sich die Konjunktur aufhellen sollte, bleibt das Trendwachstum in Deutschland und Österreich aufgrund struktureller Schwächen niedrig“, so Felbermayr. Die weltwirtschaftliche Unsicherheit – auch infolge der erratischen Politik des US-Präsidenten – sei hoch und werde es wohl bleiben. Es brauche ambitionierte Reformen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.
Industrie in schwieriger Lage
Insbesondere die Industrie sei betroffen: In Österreich liegt die reale Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe 2025 voraussichtlich um 9 Prozent unter dem Niveau von 2022, in Deutschland um rund 5 Prozent. Das Konjunkturklima hellt sich zwar leicht auf, doch in keinem EU-Land wird die Wettbewerbsfähigkeit so kritisch eingeschätzt wie in Deutschland und Österreich.
„Unsere Industrie braucht verlässliche Rahmenbedingungen – im In- und Ausland“, so Felbermayr. Dazu zähle auch der Abschluss von Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und Australien sowie ein „Deal“ mit den USA. Ebenso notwendig sei die Vollendung des EU-Binnenmarktes, um Energie- und Finanzierungskosten zu senken sowie dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
„Deutschland und Österreich haben gleichlaufende Interessen – sie sollten sich auch gemeinsam dafür einsetzen“, betonte Felbermayr abschließend.